Auf der Südseite des Hofes befindet sich „datt lütje Hius“. Hierbei handelt es sich um das frühere Heuerlingshaus, einen einstigen Doppelkotten. Dieses Bauwerk ist im Laufe der Jahre weitgehend umgestaltet worden und diente vorwiegend Wohnzwecken. Stehst wurde jedoch in besonderer Weise auf die Erhaltung der Fachwerkkonstruktion geachtet. Das Haus wurde 1842 erbaut. Die farbige Nordseite des Hauses trägt die Inschrift „Mit Gottes Hilfe haben bauen lassen dieses Haus Karl Friedrich Sielermann, geb. Ostsieker und seine Frau Anna Margarete Elisabeth und ihr Sohn Gotthilf Karl Ferdinand Sielermann.An Gottes Segen ist alles gelegen, Meister Karl Friedrich Rinne. 1842
Das ebenfalls aus Fachwerk bestehende große Hofgebäude wurde im Jahre 1795 erbaut.So ist auf der Südgiebelseite zu lesen, die früher auch die große „Niendür“ enthielt.Der große Torbogen war bis Mitte der siebziger Jahre vorhanden. Eine auf der Südseite anzutreffende Linde steht unter Naturschutz.
Im Hofgebäude soll einst, also vor 1795, ein Feuer gewütet haben. Die Sage berichtet, damals sei der Amtmann des Amtes Reineberg (Vorläuferin des späteren Amtes Hüllhorst) hoch zu Pferde angeritten gekommen. Roß und Reiter sollen sich um das brennende Haus begeben haben und daraufhin sei das Feuer ausgegangen. Bei Baggerarbeiten in den frühen siebziger Jahren hat man verkohlte Erde gefunden,die darauf hindeutete,dass das Haus einst brannte.
Damals war die Familie Sielermann der früheren Linie so gut wie ausgestorben. Eine auf der Stätte noch lebende Witwe Sielermann hat einen Landwirt Ostsieker aus Holsen geheiratet, der den Namen Sielermann annahm. Auf frühere Familien-und Zeitverhältnisse weist auch ein Brautvertrag hin, der am 22.Juli 1797 vor dem damaligen Amt Reineberg geschlossen wurde. Darin heißt es: Erschienen dato die Witwe Colona Anne Marie Elisabeth Aussiekers nr. 23 zu Holsen imgleichen die an Erbin des Sielermannschen Colonats Anne Catharine Ilsabein auch Col.Joh.Friedr. Sielermann nr. 1 Bauerschaft Holsen. Erstere zeigt an, ihr ältester Sohn Carl Friedrich habe sich mit der gegenwärtigen AnErbin des Sielermannschen Colonats ehelich verlobet, und wenn gleich die Stette von den beiden Verlobten noch nicht gleich angetreten würde,maßen des jetzigen Coloni Mahljahre noch ein Jahr daureten, so wolle sie noch bestimmen,was ihr Sohn zum Brautschatze haben und womit derselbe die Sielermanns Stette dereinst verbessern solle. Sie wolle demselben geben:1.An barem Gelde 150 Thir.,wovon 100 Thir.gleich beim Antritt der Sielermanns Stette und der Rest terminlich,jährlich mit 10 Thir.bezahlt werden solle.2.Einen vollständigen Brautwagen mit aller Theile Vier nehmlich
2 Kühe und 2 Rinder,4 Schweine und 1 Pferd, ein beschmiedet Stell Wagen. An Korn könne indeß nichts erfolgen,weil die Stette davon keinen Überfluß habe.3. Ein Ehrenkleid,welches gleich bei der Verheiratung gegeben würde.
Die Anne Catharine Ilsabein Sielermann mit deren Stiefvater waren mit dieser Auslobung zufrieden und sämtliche erschienen haben hierauf das Protokoll nach Vorlesung genehmigt und unterschrieben. Der beim damaligen Amt Reineberg tätige Schreiber namens Delius hat unter dem 22. Juli 1797 die Übereinstimmung der Abschrift mit dem Original des Brautvertrages unterschriftlich bescheinigt.
Der erste und einzige Reichstagsabgeordnete aus Holsen kommt vom Hofe Sielermann
„Alle Mann für Sielermann“ - So lautet ein geflügeltes Wort, das 1903 in den Dörfern des damaligen Amtes Hüllhorst aufkam und bald über die heimischen Grenzen im Minden-Ravensberger Lande seine Ausstrahlung fand. Der Satz ist gelegentlich noch heute in Holsen, Tengern und Schnathorst zu hören. Er findet immer dann seine Anwendung,wenn es darum geht, gemeinschaftlich und mit verstärkter Kraft ein Ziel anzusteuern,das man meint als richtig und vernünftig ansehen zu können.
Dabei mag mancher, der noch heute diesen Satz ausspricht, nicht wissen,dass er mit dem einstigen Landwirt Carl Heinrich Sielermann aus Holsen zusammenhängt, der von 1903 bis etwa 1930 dem damaligen deutschen Reichstag in Berlin und ferner dem preußischen Landtag angehörte.
Carl Heinrich Sielermann, geboren 1849 und gestorben im Jahre 1936, war Mitglied der Partei der Konservativen. Um dem heimischen Mitbürger bei den Wahlen zu Erfolg zu verhelfen,ging einst von Holsen die Parole und der Aufruf aus : „Alle Mann für Sielermann“.
Sielermann konnte damals auch auf die Förderung durch den früheren Erbmarschall von der Recke zurückgreifen.Carl Heinrich Sielermann war ein bescheidener und zurückhaltender Mann.In Versammlungen saß er zumeist hinten und musste gebeten werden,doch nach vorne zu kommen.In Berlin nahm er sein hervorragendes staatspolitisches Mandat mit Umsicht und Sachverstand fast drei Jahrzehnte hindurch wahr. Zu hause sprach er am liebsten Plattdeutsch, trug Holzschuhe und fuhr, wenn es sein musste,eine Schubkarre.
Sielermann nahm nebenher auch sehr viele Aufgaben in Institutionen und Vereinen wahr,auch in der Kirche, bis hin zur damaligen Generalsynode. Er war bekannt mit zahlreichen Ministern und Staatsmännern,galt als gradlinig und unbestechlich. Er setzte sich damals auch für die Errichtung der Schule in seinem Heimatort Holsen sowie u. a. für die Einführung der Zigarrenindustrie ein. So kam es auch schon sehr früh zur Gründung einer Zigarrenfiliale in einem größeren Heuerlingshaus des Landwirts Sielermann,unmittelbar am Hof gelegen.
Um den damaligen Reichstagsabgeordneten Carl Heinrich Sielermann aus Holsen ranken sich viele amüsante Geschichten, die noch heute von seinen Erben erzählt werden.
1986 wurde das Anwesen Sielermann von den Erben, Familie Wischmann, komplett restauriert und renoviert und unter Denkmalschutz gestellt.
Quelle: „Neue Westfälische“ Zeitung.Artikel von Karl Maschmeier
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